Unsere Ziele werden niemals die selben sein

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Unsere Ziele werden niemals die selben sein

Menschen werden nicht als gleiche geboren, und sie sterben nicht als gleiche. Obwohl Menschen sich vereinen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen, nämlich eine gleiche und demokratische Gesellschaft, verschwindet die Kluft nicht zwischen denen, die haben und denen, die nichts haben. Tatsächlich vertieft sie sich.

Menschen haben sich vereint und wir dachten, dass wir dasselbe Ziel hätten, aber es gibt einige, die ihre eigenen Pläne verfolgen. Diese Leute sind nicht da, um das aufrecht zu erhalten, was die Menschen zusammenhält. Andererseits arbeiten manche Leute unablässig, ohne auch nur zur Kenntnis zu nehmen, dass es einen Wolf gibt, der ebenso unablässig darauf wartet, ihre Siege für sich selbst zu verbuchen. Leute, die vorgeben, FreiheitskämpferInnen zu sein, tatsächlich aber FreiheitsdiebInnen sind. Es waren Wölfe, die sich mit der Freiheitscharta schmückten, und so dachten wir, sie seien Lämmer. Wo stecken diese Leute? Einige kamen in Blaulichtkonvoys zu uns. Einige sehen wir in teuren Spitälern und an Orten wie Qalakabusha, wo sie darauf warten, ihre Pläne zur Zerstörung des Landes weiter zu verfolgen.

Ich möchte wirklich wissen, wie wir diese Leute nennen sollen, die diejenigen rufen, die das Geld stehlen, das den Armen zusteht? Wie sollen wir diejenigen nennen, die das Geld für Wohnungsbau stehlen, für soziale Unterstützung? Sollen wir sie immer noch „GenossInnen“ nennen?

Meine Mutter (MaRadebe) lehrte mich, die Dinge beim Namen zu nennen. Wie soll ich also jemand Genosse nennen, wenn ich weiß, wozu er fähig ist? Wie soll ich jemand nennen, der reich wurde, indem er von den armen GenossInnen stahl? Wieso soll ich jemand Genosse nennen, der den Zustand meines Landes gefährdet?

Wieso gibt es in einem so guten Land Menschen, die auf der Straße schlafen müssen, während Milliarden (Rand) fehlen, die der Entwicklung des Landes dienen sollten? Wir müssen Villen und Sportwägen und Johnny Walker auf der einen Seite mit ansehen, und auf der anderen müssen wir mitansehen, wie alte Frauen in Mistkübeln nach vergammeltem Essen suchen. Und während die einen wegen Lebensmitteldiebstahl verhaftet werden, pochen andere auf die Unschuldsvermutung. Aber als sie ein Verbrechen begangen haben, haben sie keinen Augenblick an die Menschen gedacht. Bedeutet Politik, dass jede kleine Gruppe ihre eigenen Diebe unterstützt, damit sie selbst auch was davon abkriegt?

Sind wir wirklich frei? Die Demokratie hat einige von uns zu Multimillionären gemacht, aber diese Multimillionäre sind nicht bereit, denen zu helfen, die leiden. Sind dieses Land und seine Ressourcen nur für sie geschaffen worden? Die Freiheitscharta hat gesagt, dass „Südafrika allen gehört, die hier leben“. Sie hat nicht gesagt, dass „Südafrika den Weißen gehört, aber künftig den Reichen gehören wird“.

Diejenigen, die reich geworden sind, versuchen, Freiheit und Demokratie neu zu definieren, nach ihren eigenen Bedürfnissen. Diejenigen, die weiterhin an die echte Bedeutung von Freiheit und Demokratie geglaubt haben, die daran geglaubt haben, dass die Menschen sich vereinen sollten, werden als VerräterInnen an unserer neuen Demokratie hingestellt. Wenn du 2012 sagst, was du 1994 oder 1984 oder 1976 oder 1960 gesagt hast, bist du einE VerräterIn. Das ist echt erstaunlich.

Was ist dieses Bato Pele? Ist irgendjemand stolz auf das, wofür sie/er kämpft? Glaubt irgendjemand wirklich, dass das „Freiheit“ ist? Wo ist hier die Gleichheit, von der wir geträumt haben? Wie um Himmels Willen kannst du friedlich schlafen, wenn du genau weißt, dass die Leute, die dich gewählt haben, damit sie die Entwicklung vorantreiben, auf der Straße schlafen?

Es gibt da eine sehr enttäuschende Sache in Südafrika, dass nämlich die Menschen unglücklich sind, wenn du ihnen die Wahrheit erzählst. Diese Leute, die uns regieren, wissen, dass sie uns erzählt haben, es gäbe kein Land, das so eine tolle Verfassung hat wie unseres. Aber nun möchten sie sie ändern. Sie sagen, dass die Verfassung der Grund dafür sei, dass die Armen immer noch arm sind! Der wahre Grund ist aber, dass die Armen die Verfassung nutzen, um die Wahrheit zu erfahren. Wir verwenden die Verfassung, um uns selbst zu verteidigen.

Sie sagen, dass sie die Verfassung ändern möchten, und dass sie die wahren Verwalter der Menschenrechte und der Menschenwürde seien. Sie sagen, dass sie die einzigen sind, die wirklich für Gleichheit eintreten. Aber wo bleiben die Ansichten der Menschen unten? Haben sie jemals diese Menschen aufgesucht, um deren Ansichten kennen zu lernen? Wir haben nie vergessen, dass sie uns erzählt haben, sie würden nie etwas tun ohne diese Menschen.

Aber wenn sie von „den Menschen“ sprechen, wen meinen sie damit? Meinen sie bloß Leute wie sich selbst, die immer reicher werden, während der Rest von uns immer ärmer wird? Eines steht fest. Wenn du keiner politischen Partei angehörst und an eine lebendige Politik glaubst, wenn du daran glaubst, dass arme Menschen denken können, und dass wir alle dieses Land gemeinsam ausmachen, dann heißt das, dass du kein Mensch bist.

Woher kommt plötzlich dieser Plan zur Verfassungsänderung? Die Regierung ist seit 1994 an der Macht. Liegt es an der explodierenden Korruption und den deshalb explodierenden Protesten? Sie haben nicht mit der Verfassung angefangen. Sie haben mit den Zeitungen angefangen. Sie wollten sicherstellen, dass die Zeitungen ihre Geheimnisse nicht ausplaudern. Einige dieser Zeitungen haben über unsere Kämpfe berichtet, während wir unter der Minderheitsherrschaft der Weißen waren, aber jetzt, wo wir unter der Minderheitenherrschaft der Reichen sind, wollen sie ihre Flügel stutzen. Was haben sie mit uns vor? Warum wollen sie sichergehen, dass wir nicht alle Informationen erhalten, die wir brauchen, um die Dinge richtig verstehen zu können? Die Zeitungen waren es, die aufgedeckt haben, wie die Bosse der Aurora Mine reicher wurden, während sie ihre ArbeiterInnen nicht auszahlten. Die Menschen unten müssen sicherstellen, dass sie dieses autokratische Denken bekämpfen, und dass sie vereint gegen die Herrschaft der reichen Minderheit stehen, wie sie gegen die Herrschaft der weißen Minderheit gestanden sind. Demokratie ist die Herrschaft des Volkes. Es ist nicht die Herrschaft einer reichen Minderheit an Stelle einer weißen Minderheit.

Wir dachten, dass wir mit unserer Beteiligung am Befreiungskampf die Früchte unserer Saat ernten können würden. Aber es scheint, als würden wir bloß unsere Zeit und Energie vergeuden für diejenigen, die nun für uns denken. Momentan sieht es so aus, als dächten die PolitikerInnen, dass sie machen können, was sie wollen. Aber wir erinnern uns immer noch daran, dass sie unsere Wünsche weiterbringen sollten. Während sie die Verfassungsänderung planen, sterben wir durch Barackenbrände, Überschwemmungen und an AIDS. Viele von uns sind täglich auf der Suche nach Arbeit und werden müde und depressiv. Einige von uns, die einen Job haben, werden auf Arbeit nicht wie menschliche Wesen behandelt und müssen immer noch in Baracken wohnen, weil sie so schlecht entlohnt werden.

Während der Weltmeisterschaft wurde so viel Geld vergeudet, bloß um Eindruck auf die BesucherInnen aus aller Welt zu machen. COP 17 war ein weiteres großes Problem. Unsere Regierung liebt es, Reiche aus aller Welt zu beeindrucken, aber wir zählen für sie nicht. Sie schämen sich unserer. Tatsächlich müssen wir geräumt werden, damit wir vor der internationalen Öffentlichkeit versteckt werden können. Aber natürlich, wenn Wahlen anstehen, kommen dieselben Leute und möchten unsere Stimmen.

Wir leben immer noch unter einer Minderheitenherrschaft. Diese Minderheit verabschiedet Gesetze nach Lust und Laune, lässt ihre Muskeln spielen, um die Menschen dazu zu zwingen, ihre Herrschaft zu akzeptieren. Die Herrschaft der reichen Minderheit ist in mancher Hinsicht sehr ähnlich der Herrschaft der weißen Minderheit. Anstatt zu versuchen, den Rassismus in Südafrika auszurotten, sorgt die Regierung nur dafür, dass sich ihr niemand in den Weg stellt, damit sie tun kann, was sie will. Ob wir darüber sprechen oder nicht: AfrikanerInnen werden immer noch als AfrikanerInnen betrachtet, InderInnen immer noch als InderInnen und Weiße werden immer noch als Weiße betrachtet. Wir werden immer noch anch unserer Hautfarbe behandelt. Einige Rassisten setzen afrikanische Sicherheitskräfte ein, die ihnen die Drecksarbeit erledigen. Das geschieht sogar in den Einkaufszentren, in denen mensch davon ausgehen sollte, dass alles, was zählt, dein Geld ist. Wir haben wirklich eine Gabe dafür, die Wahrheit zu ignorieren, aber das wird zur Spaltung führen. Sithi ke thina za sithetha inyaniso ikrakra (die Wahrheit ist besser).

Es gibt nur wenige Menschen oben, denen wir vertrauen können. Einer ist Dikgang Moseneke. Dieser Mann steht für die Wahrheit und für die Armen. Eine andere ist Thuli Madosela. Es scheint, dass sie wirklich die einzige ist, die etwas gegen Korruption und gegen all diese inakzeptablen Aktionen gegen die Armen und gegen das Land hat. Überall hörst du „Viva Thuli Viva!“

Es ist an der Zeit für uns alle zur Kenntnis zu nehmen, dass es einen Kampf innerhalb des Kampfes gibt. Es ist an der Zeit, dass wir damit aufhören müssen, uns als Werkzeuge der Kapitalisten benutzen zu lassen und dass wir sicherstellen müssen, dass das, was den Menschen gehört, zu den Menschen kommt.

Lindela S. Figlan

Lindela ‚Mashumi‘ Figlan ist 2012 der Vizepräsident von Abahlali baseMjondolo. Kontakt: 079 584 3995.

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